Sanierung eines sechzig meter tiefen Deponieschachtes mit GFK-Wickelrohr-Schachtelementen

1. Ausgangssituation

Das Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz (KrW-/AbfG), die Verwaltungsvorschriften TA Abfall und TA Siedlungsabfall sowie auch die EU-Deponierichtlinie enthalten Anforderungen an die Stilllegung und die Nachsorge von Deponien. In der Nachsorgephase erfolgen Langzeitsicherungsmaßnahmen und Kontrollen des Deponieverhaltens.

Sie dient der Überführung der Deponie in einen solchen Zustand, dass von ihr dauerhaft keine Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit (Gefährdungen 3 i.S. der EU-Deponierichtlinie) mehr ausgehen können, ohne dass hierzu weitergehende technische oder betriebliche Maßnahmen erforderlich sind. Bei vielen Abfalldeponien, die sich in der Nachsorgephase befinden, müssen die älteren Schachtbauwerke immer häufiger saniert werden, um Schäden für die Umwelt zu vermeiden.

Deponieschächte stellen in der Praxis regelmäßig eine bauliche Schwachstelle bei Deponieentwässerungssystemen dar, obgleich funktionsfähige Schächte für Sanierungsmaßnahmen und Wartungsarbeiten zwingend notwendig sind. Aggressive Deponie-Sickerwässer und hohe Temperaturen in der Abfallschüttung sowie hohe Außendrücke, wenn sich beispielsweise in der Deponie aufgrund defekter Drainagesysteme Sickerwasser einstaut,  führen zu Extrembelastungen für Deponieschächte. Im Extremfall kann es auch aufgrund von Schachtdeformationen, insbesondere bei durchnässten Baukörpern, zum Zusammenbrechen der Schachtbauwerke kommen.

Ohne Deponieschächte sind jedoch die Rohrleitungen nicht mehr zu Sanierungszwecken zugänglich und ein geordneter Deponie-Nachsorgebetrieb ist praktisch unmöglich. Die Deponie-Schachtbauwerke stehen deshalb im besonderen Fokus eines jeden Sanierungskonzeptes von Deponie-Entwässerungssystemen. Insbesondere bei großen Schachttiefen ist die Sanierung schadhafter Deponieschächte eine besonders anspruchsvolle material- und verfahrenstechnische Herausforderung. Genau diese Situation lag beim aktuellen Projekt vor, nämlich die deutsche Hausmülldeponie Morgenstern im Landkreis Goslar, die bis zu ihrer Stilllegung Anfang der 90er Jahren ungefähr 20 Jahre lang betrieben wurde.

Am tiefsten Punkt der Grubendeponie wurde bei der damaligen Errichtung ein 60 Meter tiefes Schachtbauwerk mit einer Nennweite von DN 2500 aus Betonstein-Elementen errichtet, das nach 20jährigem Betrieb in aggressivem Sickerwassermilieu erhebliche Korrosionsschäden aufwies. Hierbei kam es auch zu einem schädigenden Einstau von Sickerwasser im Deponieschacht, was das Risiko eines Ausfalls deutlich erhöht und damit eine Sanierung des Schachtsystems zwingend erforderlich macht.

2. Projektziele

Bei der notwendigen Schachtsanierung stand die Kommune vor einer ganz besonderen Herausforderung , denn der Schacht hat eine Tiefe von 60 Metern. Der vorhandene beschädigte Deponieschacht sollte erhalten bleiben und durch einen statisch tragenden „Inliner“ kostengünstig saniert werden. Der Innendurchmesser muss nach der Sanierung noch einen Personeneinstieg ermöglichen.

Die Ringsteifigkeit des Inliner-Werkstoffes darf weder durch den vorhandenen Druck, die chemischen Reaktionsprozesse sowie den existierenden Umgebungstemperaturen von bis zu 50°C negativ beeinträchtigt werden. Die Standsicherheit und damit eine lange Lebensdauer muss langfristig gewährleistet werden.

Die sichere, umweltgerechte Ableitung und Entsorgung des Deponiesickerwassers, z.B. durch Sammeln in einem Tank und regelmäßiges Abpumpen per Tanklastzug, ist dauerhaft sicherzustellen.

Bild 1: Deponie Morgenstern Landkreis Goslar

3. Lösungskonzept

Unser Konzept besteht aus einer ganzheitlichen Systemlösung aus einer Hand - von der Planung über den statischen Nachweis bis zur kompletten Montage aller GFK-Schachtringe. Die Werkstoffauswahl und Schacht-Inliner Ausführung erfolgt gemäß den hohen Lastenheftanforderungen unseres Kunden, um die Gefährdungen nach der EU-Deponierichtlinie zu gewährleisten.

  • Planung und Konzeption, Entwicklung und Konstruktion von Schachtbauteilen,
  • Vorfertigung der GFK-Schachtelemente der Nennweite DN 1600 aus GFK mit Muffenverbindung sowie mit Geovliesummantelung
  • Statischer Nachweis, Projektmanagement
  • Produktion einzelner vorgefertigter Bauteile & Montage
  • Installation, Inbetriebnahme und Qualitätssicherung

Bei der Werkstoffauswahl haben wir uns aufgrund der geforderten Temperaturbeständigkeit von bis zu 50°C, der nach Berechnung hohen Ringsteifigkeit von SN 16000 (16.000 N/qm, SN: Stiffness Number = Nenn-Ringsteifigkeit nach DIN EN ISO 9969: Die Ringsteifigkeit ist eine Flächenlast die unter einem Plattenversuch zu einer Deformation von 3% führt) des Inliner-Werkstoffes und der hohen chemischen Beständigkeit gegenüber aggressiven Atmosphären und korrosiven Flüssigkeiten für GFK-Wickelrohr des Systems FLOWTITE der Amiantit Germany GmbH in Mochau entschieden.

Bei der Herstellung der GFK-Schachtringe wird nicht nur auf die hohe Qualität der verwendeten ECR-Glasfasern (ECR-Glasfasern: E-Glass Corrosion Resistant - Faser mit besonders hoher Korrosionsbeständigkeit) geachtet, sondern auch Vinylesterharz verwendet, das besonders resistent gegen extreme chemische Angriffe ist.

Die Bemessungs-Wandstärke von 40mm für die Schachtringe ergibt sich aus der planerisch geforderten Ringsteifigkeit SN 16000, die Nennweite aus der für den Einbau maximal verfügbaren lichten Weite des neuen Sanierungsschachtes abzüglich eines 20-30 Zentimeter tiefen Ringraumes. Dieser spielt eine tragende Funktion im Betriebskonzept des Schachtes. Der Ringraum wird parallel zum Aufbau des GFK-Schachtes mit Drainagekies verfüllt und soll das aus dem Abfall austretende Sickerwasser über jeweils drei, in definierten Ebenen horizontal angeordnete PE-Leitungen, die zu 2/3 gelocht ausgeführt sind, aufnehmen. Im Ringraum wiederum werden diese horizontalen Leitungen über senkrechte rundum gelochte PE-Leitungen per T-Stück miteinander verbunden. Die horizontalen Leitungen münden dann jeweils in den GFK-Inlinerschacht.

Das aus den horizontalen Leitungen zugeführte Sickerwasser wird über diese senkrechten Rohrleitungen auf die unterste Ebene geführt und über die in der unteren Ebene angeordneten horizontalen Entwässerungsrohre in den Inlinerschacht geleitet. Hier sammelt sich das Sickerwasser in einem Pumpensumpf (kleiner Speicherraum am tiefsten Punkt) und über eine Ex-geschützte Pumpe in einen entsprechend dimensionierten Kunststoff-Speichertank auf dem Deponiegelände abgepumpt wird. Der Sickerwasserspeicher wird regelmäßig per Tanklastzug geleert und sein Inhalt einer geeigneten Sickerwasser-Behandlungsanlage zugeführt.

4. Umsetzung

Das Schachtsanierungsprojekt  wurde in 2015 entsprechend dem Hopfgartner- Motto „wir steigen da ein, wo andere aussteigen“  durch die HKU Hopfgartner Kunststoff- und Umwelttechnik GmbH aus Ingolstadt sowie die bds Boden- und Deponie-Sanierungs GmbH aus Herten, professionell durchgeführt.

Dabei kam unsere innovative Lösung (analog Pflichtenheft) zum Einsatz, bei der im vorhandenen Betonstein-Element-Schacht schrittweise ein neuer Kunststoffschacht aus 4,45 Meter langen GFK-Schachtringen mit Muffenverbindung aufgebaut wurde.

Bild 2: Vorbereitung eines 4,45 Meter langen GFK-Schachtringes für den Einbau

Vor der eigentlichen Einbringung und Montage der GFK-Schachtringe sind konzeptbedingt noch einige Vorbereitungsarbeiten zur genauen Ausführung der horizontalen Sickerwasseranschlüsse auszuführen.

Deshalb wurden zunächst vorab die bis zu 4,45 Meter langen und 4.450 Kilogramm schweren GFK-Schachtelemente am Ausleger eines Schwerlastkranes in den Untergrund gelassen, um vor Ort die exakte Positionierung der Anschlussstutzen für die einmündenden Sickerwasserleitungen einzumessen, die dann oberirdisch mit GFK-Laminat passgenau eingefügt wurden.

Bild 3: Einbringung eines 4,45 Meter langen GFK-Schachtringes zur Anschlussstutzenpositionierung für Sickerwasserleitung

Bild 4: Exakte Anbringung der Sickerwasser-Anschlussstutzen in die Kunststoff-Schachtringe mittels GFK-Laminat

Die im Ringraum verbleibenden Drainageleitungen mussten logischer Weise bereits vor Einbau der GFK-Schachtringe mit umwickelten Geovlies und Einfüllen des Drainagekies 16/32 an der Wand des alten Schachtes installiert sein; ihr Raumbedarf definierte daher maßgeblich die maximal mögliche Nennweite des neuen Schachtes von DN 1600.

Bild 5: Fertig zur Montage: Ein mit Geovlies umwickelter GFK-Schachtring am Ausleger eines Schwerlastkrans

Bei einer Schachttiefe von bis zu 60 Metern und angesichts der ungewöhnlichen Bedingungen des Arbeitsumfeldes, an dem nur unter höchsten Arbeitssicherheitsbedingungen gearbeitet werden konnte, nahm der Einbau des aus 16 Einzelelementen bestehenden Schachtes im Frühjahr 2015 wie geplant rund drei Monate in Anspruch.

Bild 6: Ablassen eines Monteurs mit Vollatemschutz unter Einhaltung der höchsten Arbeitssicherheitsbedingungen

Trotz der extremen Randbedingungen hat sich der innovative Systemlösungsansatz bereits in der Bauphase rundum bewährt. Durch die anwendungsspezifische Auswahl des verfügbaren Werkstoffes GFK werden die Forderungen der Deponieverordnung (DepV) bestens erfüllt, so dass auch über die Nachsorgephase hinaus ein standsicheres Bauwerk geschaffen wurde. Darüber hinaus wurden wir wieder einmal mehr unserem hohen Leistungsanspruch „wir steigen da ein, wo andere aussteigen“ voll gerecht, was die Zufriedenheit unseres Kunden bestätigte.

5. Kundennutzen
  • Hohe Funktions-Sicherheit und lange Lebensdauer durch beständige Werkstoffauswahl GFK sowie Schachtsystemauswahl von GFK-Wickelrohr des Systems FLOWTITE (hohe Qualität der verwendeten ECR-Glasfasern und Vinylesterharz)
  • Vermeidung von Werkstoffschädigungen durch aggressive Sickerwässer, hohe Temperaturbelastungen sowie durch hohe Außendrücke
  • Gefährliche Umwelt- & Mitarbeiterbelastungen durch aggressive Medien sind ausgeschlossen
  • 100%-Erfüllung der Forderungen der Deponieverordnung (DepV), so dass auch über die Nachsorgephase hinaus ein standsicheres Bauwerk geschaffen wurde
  • Kostenersparnis durch Schacht-Inliner-Systemlösung, anstelle einer Komplettsanierung durch Ausbau des bestehenden Betonstein-Element-Schachtes

Nachsorge von Abfalldeponien

Kunde:

Deponie Morgenstern Landkreis Goslar

Sanierung eines sechzig meter tiefen Deponieschachtes mit GFK-Wickelrohr-Schachtelementen

03. August 2015

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