Kühlwasserbecken aus PE100 für IN-Campus-Energiezentrale

1. Ausgangssituation

Auf dem früheren 75 Hektar großen Bayernoil Raffineriegelände in Ingolstadt entsteht derzeit einer der modernesten Technologieparks für innovative Technologieprojekte im Automobilbau. Hierbei liegt der Fokus in der zukünftigen Entwicklung für autonomes Fahren, Elektromobilität sowie einer intelligenten Vernetzung.

Der IN-Campus ist ein Joint Venture von AUDI AG und der Stadt Ingolstadt. Geplant sind ein Projekthaus für Zukunftstechnologien, ein Fahrsicherheitszentrum, ein modernes Rechenzentrum, eine Energiezentrale mit smartem Energiekonzept „Low Exergy“, ein Funktionsgebäude sowie die dafür erforderliche Infrastruktur.

Als Nullenenergie-Campus soll der Technologiepark genauso viel Energie erzeugen wie er verbraucht. Diese Vision soll durch energieeffiziente Gebäude, einen hohen Anteil an Energieerzeugung, Nutzung von regenerativen Energien und Abwärme, Energiespeicherung sowie mit Hilfe von intelligenten Regelungssystemen erreicht werden. Dazu ist ein innovatives Rohrleitungsnetz „LOWEX-Netz“ erforderlich.

2. Projektziele

Ein wichtiges Projektziel ist dabei möglichst wenig hochwertige Energie zu verbrauchen. Exergie ist der Anteil der Energie, der Arbeit verrichten kann (z. B. Strom in Licht umwandeln) – Anergie ist der Anteil, der keine Arbeit verrichten kann (z. B. Abwärme). In konventionellen Energiesystemen wird Exergie oft unnötigerweise verschwendet. Ein innovatives LowEx-System trägt entscheidend dazu bei, Energie einzusparen und bei der Energieversorgung unabhängiger von fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas zu werden.
Umsetzung des smarten LowEx-Systems, siehe Bild 1.

▪ Niedrige Systemtemperaturen
▪ Zeitgleiche Erzeugung von Wärme und Kälte
▪ Abwärme und regenerative Energien eingebunden ▪ Einsatz von reversiblen Wärmepumpen
▪ Integration von thermischen Speichern ▪ Intelligentes Lastmanagement
▪ Weniger Emissionen und Energiekosten

Bild 1: Prinzip des innovativen LowEx-Systems Quelle: INCampus GmbH

 

Als Nullenergie-Campus soll der Technologiepark IN-Campus in Zukunft genauso viel Energie erzeugen wie er verbraucht. Dazu müssen die energetischen Potenziale optimal ausgenutzt werden:
Oft besteht bei modernen Gebäuden ein gleichzeitiger Bedarf an Wärme und Kälte. Statt diesen wie bislang getrennt zu decken, werden hier neue Wege beschritten.

3. Lösungskonzept

Smarte Energie – Die IN-Campus Energiezentrale
Die Energiezentrale ist das Herz und Gehirn des energetischen Konzepts für den IN-Campus.
Ein wichtiger Grundbaustein für das innovative Energiekonzept ist das sogenannte LowEx Netz. Dieses wasserbasierte Rohrleitungsnetz dient allen Gebäuden auf dem IN-Campus als Wärmequelle und Wärmesenke. Hierfür werden bereits viele Kilometer Kunststoffrohrleitungen mit Rohrdurchmessern von bis zu 80 Zentimeter im Boden des Bauabschnittes 1 verlegt.
Gebäude mit einer hohen Kühllast geben anfallende Abwärme (z.B. das Rechenzentrum) in das Netz, Gebäude mit einer hohen Heizlast entnehmen die nötige Energie dem LowEx-Netz. So werden Verbraucher zu Erzeugern.
 
Die Temperatur des Netzes bewegt sich bewusst unter Ausnutzung der saisonalen Schwankung zwischen +5°C und +30°C, das ist prädestiniert, um z.B. die Umweltwärme oder Abwärme in das Netz einzuspeisen. Mittels reversiblen Wärmepumpen (2 in 1 Wärmepumpe und Kältemaschine) in den jeweiligen Gebäuden werden die notwendigen Systemtemperaturen dauerhaft sichergestellt.
Thermische Energiespeicher leisten in der Energiezentrale einen entscheidenden Beitrag zum Lastmanagement und zur Steigerung der Energieeffizienz des Gesamtsystems. Mit einem Fassungsvolumen von ca. 3.000m3 speichern sie sowohl Wärme als auch Kälte.
Als zentrale Intelligenz für die Energieversorgung dient das CEC-System (Cross Energy Concept). Es managt das Zusammenspiel aller technischen Komponenten im Sinne maximaler Effizienz. Das Energiekonzept ist modular und hochflexibel ausgelegt.

Im Bauabschnitt 1 wird der IN-Campus noch Strom und Fernwärme von außen beziehen.
Die mittelfristige Vision ist ein Nullenergie-Campus, der in hohem Maße selbst erzeugte und regenerative Energien nutzt und dafür immer wieder neue Innovationsbausteine integriert.

 

Bild 2: IN-Campus Energiezentrale Quelle: IN-Campus GmbH

Eine Wärmepumpe funktioniert vergleichbar wie ein Kühlschrank: Durch elektrische Energie wird thermische Energie umgewandelt – je nach Bedarf zum Heizen oder Kühlen von Systemen.

Während der Kühlschrank allerdings seinem Innenraum die Wärme entzieht und nach draußen abgibt, entzieht die Wärmepumpe dem Außenbereich die Wärme und gibt sie als Heizenergie an das Haus ab. Die Wärmepumpe macht sich dafür das physikalische Prinzip Joule-Thomson-Effekt zunutze.

So lassen sich mit einer Wärmepumpe z. B. mit 1 kWh elektrischer Energie 5 kWh thermische Energie erzeugen.
Im Idealfall wird überschüssige Wärme gleich in die Heizkreise umgeleitet und auf das notwendige Temperaturniveau angehoben. Energetisch besonders effizient ist der Dualbetrieb der reversiblen Wärmepumpe, d. h. die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Kälte – so lässt sich der Verbrauch wertvoller Ressourcen deutlich senken. Durch den Einsatz von reversiblen Wärmepumpen und deren integrierte Umschaltung ist es möglich, Wärme und Kälte zeitgleich zu produzieren. Somit findet eine optimale Wärmerückgewinnung statt und
nur die fehlende / überschüssige Energie wird aus dem LowEx-Netz zur Verfügung gestellt / abgeführt.


Bild 3: Reversible Wärmepumpen Quelle: IN-Campus GmbH

Kühlwasserbecken für Energiezentrale
Für die energieeffiziente Rückkühlung des LOWEX Netz sowie der Rückkühlung der Spitzenlastkühlung der Kältemaschinen wird ein Warm- und Kaltbecken verwendet.
Das 100m3-Kühlwasserbecken aus Kunststoff PE100 besteht aus einem 50m3 Warmbecken und einem 50m3 Kaltbecken. Im Warmbecken herrscht eine Temperatur von bis zu ca. +33°C. Die Rückkühlung des Kühlwasser erfolgt über offene Kühltürme (Fabrikat Baltimore) auf ca. +28°C. Das Kühlwasser wird dann im Kaltbecken gespeichert und steht dem Campus zur Kühlung über die verschieden Systeme bereit.

Bild 4: Ausschnitt von Schemadarstellung des 2 x 50m3-Kühlwasserbeckens aus Kunststoff PE100 Quelle: Karl Lausser GmbH

Anforderungen an das Kühlwasserbecken
▪ Kunststoffbehälter aus PE100 mit einem Speichervolumen von 2 x 50m3
▪ Rechteckbehälter aus kreuzverippten Hohlkammerplatten vor Ort verschweißt, mit IPE*-Trägern verstärkt sowie
Zuganker als zusätzliche Querversteifung, siehe Bild 7.2 und 8.2
▪ Speicherbehälter oben offen, mit zusätzlicher Randverstärkung für Innenaufstellung
▪ Innen mittig eine verstärkte Trennwand unten offen kommunizierend
▪ Boden flach aufgeschweißt für eine ganzflächige satte Auflage
▪ Innenmaße: (L x B x H) 9.000mm x 4.500mm x 2.800mm
▪ Außenmaße: (L x B x H) 9.320mm x 5.370mm x 2.825mm
▪ Materialstärke: 25mm (Trennwand), 15mm (Boden), 40mm (Hohlkammerplatten für Korpus)
▪ Betriebsdruck: drucklos
▪ Medium: Wasser
▪ Technische Bedingungen: Berechnung und Auslegung angelehnt an DVS Merkblatt 2205 und an entsprechende
Werksnorm. Statischer Nachweis
▪ Inkl. Zubehör gemäß Ausschreibung
▪ Einbringung: Vor Ort verschweißt
▪ Standzeit: mindestens 25 Jahre

*IPE ist die Abkürzung für stabförmige Bauteile bzw. Träger mit parallelen Innenflächen der Flansche, dessen Abmessungen nach der EN 10365 genormt und deren Fertigungstoleranzen durch die EN 10034: 1993 festgelegt wurden.

4. Umsetzung

Im Gebäude der Energiezentrale werden im Endausbau drei Rechteckbehälter aus Kunststoff PE100 mit insgesamt 200m3 Speicherinhalt für Wasser als thermische Speicher eingesetzt. Im ersten Bauabschnitt wurde ein 100m3- Behälter (Abmessung: L x B x H = 9000mm x 4500mm x 2800mm) in der Hopfgartner-Werkstatt in Einzelteilen für eine Vor-Ort-Verschweißung gefertigt. In weiteren Bauabschnitten folgen zur Erweiterung noch zwei einzelne 50m3- Behälter, die alle miteinander verbunden werden. Die Speicherbehälteraufstellung erfolgt im zweiten Obergeschoss der Energiezentrale, siehe Bild 6.2.

3D-Konstruktion
Nach Auftragsvergabe durch die Fa. Karl Lausser GmbH wurde der 100m3-Kunststoffbehälter zunächst von Hopfgartner kunststoffgerecht und in 3D mittels SolidWorks geplant, siehe Bild 9.
Die Baufreigabe erfolgt nach einer genehmigten, statischen Berechnung durch einen externen erfahrenen Statiker.

Hoher Vorfertigungsgrad im Werk
Für die spätere Einbringung und Vor-Ort-Montage wurden alle vorher geplanten Behälterbauteile im Hopfgartner Werk einzeln vorgefertigt. Dabei hatte das größte Bauteil, wie z. B. die Vorderwand eine Baulänge von 7.000mm und eine Bauhöhe von 2.800mm. Als Kunststoffplatten kamen gemäß Ausschreibung kreuzverrippte Hohlkammerplatten mit Rastermaß 50mm x 50mm aus PE100 von SIMONA®, siehe Bild10, zum Einsatz.
Alle U-Bauteile wurden mit der Wegener Stumpfschweißmaschine Model SM 360 TP stumpfgeschweißt.
Durch die kreuzverrippte Innenstruktur wird eine hohe und richtungsunabhängige Steifigkeit erzielt.
Nach Fertigstellung aller Bauteile wurden diese transportgesichert und verladen, siehe Bilder 5.1 und 5.2.

Vor-Ort-Montage
Vor Ort in der Energiezentrale des IN-Campus wurden alle vorgefertigten Einzelbauteile nach der Einbringung ins Gebäude mittels Stumpfschweißung und Warmgas- Extruderschweißung maschinell verschweißt, siehe Bilder 7.1, 7.2, 8.1, 8.2.
Alle senkrechten Steher aus verzinktem Stahl wurden im Boden befestigt. Zusätzlich werden die 8 langen Steher oben untereinander mit M20 Zuganker abgespannt, siehe Bild 7.2.
Der gesamte Kunststoffbehälter wird mit einem geschraubten Stahlkorsett aus verzinkten Stahl IPE-Profilen* gemäß Statik versteift.

*IPE ist die Abkürzung für stabförmige Bauteile bzw. Träger mit parallelen Innenflächen der Flansche, dessen Abmessungen nach der EN 10365 genormt und deren Fertigungstoleranzen durch die EN 10034: 1993 festgelegt wurden.

Bild 5.1/5.2: Beladung der Einzelbauteile zum Transport des 100m3-Kunststoffbehälter aus PE100 Quelle: Hopfgartner GmbH

Bild 6.1/6.2: Einbringung der Vorderwand des 100m3-Kunststoffbehälters aus PE100 mittels Teleskoplader in der IN- Campus Energiezentrale
Quelle: Hopfgartner GmbH

Bild 7.1: Aufstellung, Zusammenbau und Verschweißung des 100m3-Kunststoffbehälters aus PE100 Bild 7.2: Kunststoffbehälter mit einem geschraubten Stahlkorsett aus verzinkten Stahl IPE-Profilen Quelle: Hopfgartner GmbH

Bild 8.1/8.2: Montage der Einzelbauteile und fertig montierter 100m3-Kunststoffbehälter aus PE100 Quelle: Hopfgartner GmbH

Bild 9: Technische 3D-Zeichnung des 100m3-Kunststoffbehälters aus PE100 Quelle: Hopfgartner GmbH

Bild 10: SIMONA® kreuzverrippte Hohlkammerplatten Quelle: SIMONA AG

5. Kundennutzen

▪ Lange Lebensdauer von über 100 Jahren nach Zeitstand-Diagramm für PE100
▪ Hohe Betriebssicherheit durch fachgerechte Verschweißung nach DVS-Richtlinie 2205-1 sowie Dichtheitsprüfung.
Die Dichtheitsprüfung erfolgt während der Montage mittels Funkeninduktionsprüfung und vor Inbetriebnahme
noch zusätzlich mit einem Fülltest.
▪ Dauerhafte Funktionssicherheit durch korrosions- und medienbeständigen Werkstoff PE100
▪ Stabile und dauerhafte Behälterkonstruktion ohne temperaturbedingte Längenausdehnung durch kreuzverrippte
Hohlkammerplatten sowie einem geschraubten Stahlkorsett aus verzinkten Stahl IPE-Profilen
▪ Durch die kreuzverrippte Innenstruktur der Hohlkammerplatten wird eine hohe und richtungsunabhängige
Steifigkeit erzielt
▪ Leichte Einbringung ins bestehende Gebäude durch das geringe Gewicht und Vor-Ort-Verschweißung
▪ 100% recyclebarer Kunststoff PE100

Auf dem früheren 75 Hektar großen Bayernoil Raffineriegelände in Ingolstadt...

Kunde:

STRABAG AG

Bauherr:

IN-Campus Technologie GmbH, Ingolstadt

Kühlwasserbecken aus PE100 für IN-Campus-Energiezentrale

01. May 2020

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